Der Club europäischer Unternehmerinnen e. V. (CeU) unter Führung von Initiatorin und Präsidentin Kristina Tröger lud anlässlich einer Zeit, in der die Kapitalmärkte ständig in Bewegung sind und sich Finanzierungsbedingungen weltweit verändern, eine herausragende Expertin auf diesem Gebiet ins Hotel Vier Jahreszeiten ein. Caroline von Linsingen, Leiterin IPO & Growth Financing bei der Deutschen Börse AG, sprach zum Thema „Quo vadis Kapitalmarkt Deutschland – sind die USA wirklich der heilige Gral?“.
In ihrem Vortrag gab sie wertvolle Einblicke in die Zukunft des Kapitalmarkts, wobei sie in ihrem Vortrag die Chancen und Herausforderungen für den Finanzstandort Deutschland beleuchtete und spannende Denkanstöße für Unternehmerinnen und Investoren gleichermaßen bot. So erzählte sie davon, dass die Amerikaner zwar den tiefsten und liquidesten Kapitalmarkt der Welt haben, aber dass genau deshalb Deutschland auch erhebliche Vorteile böte. Wieso das so sei, erzählte sie anhand ausgewählter Fakten. So würden in den USA 7 Riesenkonzerne – die sogenannten Mega Caps – 50% der Marktkapitalisierung der börsengelisteten Unternehmen ausmachen. In Europa dagegen würden auf 20 Mega-Caps gerade einmal 20% der Marktkapitalisierung entfallen. Das führe zu einer deutlich größeren Breite im Markt und einer deutlich verteilteren Aufmerksamkeit der Analysten, die in den USA stark von den 7 großen Unternehmen vereinnahmt sei. Zudem sei in den USA der Technologiesektor klar übergewichtet, und die Aufmerksamkeit für Unternehmen anderer Sektoren deutlich reduziert. Europa dagegen hat eine größere Sektorenvielfalt, damit auch mehr Research Kapazität von Analysten in der Breite und eine bessere Sichtbarkeit für Nicht-Technologiefirmen. Der Börsengang für deutsche Unternehmen an der Frankfurter Börse sei bei Eröffnung genauso erfolgreich, wie der von deutschen Unternehmen in den USA. Und nach einiger Zeit sei die Marktkapitalisierung sogar besser. Viele Unternehmen, die von Deutschland aus in den USA gelistet seien würden unterschätzen, dass man für einen erfolgreichen US-Börsengang die Geschäftsaktivitäten und den Sitz nach Amerika verlagern müsse. In jedem Fall habe man ohne amerikanischen Geschäftssitz keine Chance auf Aufnahme in den S&P 500. In Deutschland sei es dagegen vergleichsweise recht einfach in den M-Dax zu kommen und damit dann auch in den Genuss des Zustroms von Kapital in den Index durch professionelle Investoren sowie ETFs.

Mauritia Frfr. von Ulm-Erbach (Olivenbaronin), Caroline von Linsingen (Deutsche Börse) und Kristina Tröger (CeU-Präsidentin)
Was die Amerikaner definitiv besser machen würden, sei das Marketing ihrer Aktivitäten. Von Linsingens Nachricht an den deutschen Kapitalmarkt sei deshalb: „Wir sind gut! Wir müssen es visibler machen und mehr an uns glauben“. Auf die strategische Reaktion der Deutschen Börse auf die Geschehnisse in den USA befragt verwies sie auf die gesteigerten Bemühungen im Marketing, auf den verstärkten Dialog mit Unicorns über ihre Bedürfnisse und welche Unterstützung sie von der Börse brauchen würden. Von Linsingen erzählte auch, dass sie mittlerweile recht frühe Kennenlerntermine zwischen vielversprechenden Start-ups und Private Wealth Investoren vermitteln würden, und da ein steigendes Interesse sähe. Aber was sie feststellen würde, sei ein positives Momentum: Startups, die alle optimistisch in die Zukunft schauen würden, die erfüllt seien von dem, was sie tun. Viele sprachen jetzt sogar – das sei neu – davon Patrioten zu sein und gerne in Europa bleiben zu wollen. Und auf ihren Wunsch im Hinblick auf Deutschland befragt, verwies sie darauf, dass die Finanzbildung dringend gestärkt werden müsse, und dass die Börse dazu selbst einige Maßnahmen durchführen würde wie zum Beispiel Workshops zu verschiedenen Themen. Der Kapitalmarkt und die Möglichkeiten für Anleger müssten stärker in den Fokus gerückt werden. Die 8 Trillionen Euro, die in Deutschland auf Sparkonten lägen und durch Inflation aufgezehrt würden, müssten dringend sinnvoll investiert werden. Und bis heute keine Aktienrente zu haben sei angesichts des Risikos vieler Menschen in die Altersarmut abzurutschen fahrlässig.
Der informative Vortrag begeisterte die zahlreichen anwesenden Unternehmerinnen und vereinzelten Herren, und führte zu einem engagierten anschießenden Austausch mit dem Publikum. Die vielen CeU-Unternehmerinnen waren sich einig: ein sehr sympathischer Auftritt mit vielen spannenden Informationen – großartig!