Kristina Tröger (CeU-Präsidentin), Prof. Dr. Julian Nida Rümelin (Philosoph) und Sabrina Staubitz (TV-Moderatorin)

Der Club europäischer Unternehmerinnen e. V. (CeU) unter Führung von Initiatorin und Präsidentin Kristina Tröger lud einen Philosophen und Vordenker unseres Landes ins Hotel Vier Jahreszeiten ein, der an dem Abend seinem Ruf voll und ganz gerecht wurde: Prof. Dr. Julian Nida Rümelin, früherer Staatsminister, gilt als Mann, der sich nicht scheut, auch unbequeme Gedanken auszusprechen und der mutig und klar Entwicklungen, die er beobachtet, analysiert und seine Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich macht.

Genau dies tat er bei seinem beeindruckenden Vortrag zum Thema „Die Zukunft der liberalen Demokratie: Gefährdung und Chance“. Der heutige Direktor am Bayerischen Forschungsinstitut für digitale Transformation (bidt) und seit Oktober 2022 Gründungsrektor der Humanistischen Hochschule Berlin verwies gleich zu Beginn seines Vortrags auf die aktuelle Bedeutung des Themas: „Die Zukunft der liberalen Demokratie: Gefährdung und Chance, das Thema ist aktueller geworden als es uns lieb ist.“ Mit dem Erstarken der Rechtspopulisten „droht eine Erosion des Rechtsstaats“. Das sei das Modell in Polen gewesen, in Ungarn, in Italien und auch in den USA. „Es gibt mehrere Gründe, sich über Demokratie Gedanken zu machen“. Dazu gehöre auch die Feststellung, dass es eine Diktatur geben kann, die von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird. Auch Putin und Erdogan lassen sich wählen, aber von einer Demokratie kann man da nicht reden. „Nida Rümelin führte die zahlreichen Unternehmerinnen dann durch die Entstehungsgeschichte der modernen Demokratie, die letztendlich eine „Antwort auf den 30jährigen Krieg“ gewesen sei, und dem sich herauskristallisierenden Interesse an „Befriedung von Konflikten“ und rechtsstaatlichen Strukturen“. „Zustimmungsfähigkeit ist der Kern moderner Demokratie“ und die Basis dafür seien „Individualrechte und Minderheitenrechte“. Denn Demokratie bedeute eben gerade nicht, dass die „Mehrheit entscheidet“, sondern „dass es rechtsstaatliche Strukturen“ gäbe, „die wir individuell einfordern können.“ Die Demokratie sei die einzige Herrschaftsordnung, die auf Zustimmung baue. Aber wenn die Zustimmung erodiere, gerate die gesamte Ordnung in Gefahr. Und eine Demokratie ohne Zivilkultur sei nicht lebensfähig. Dazu gehöre auch eine Streitkultur. Wenn man anfinge, Cancel Culture zu betreiben und „Menschen aus dem demokratischen Diskurs zu vertreiben“, dann werde „ein Basisprinzip der Demokratie“ verletzt. „Wenn der gegenseitige Respekt – trotz aller Unterschiede – erodiert und Menschen nicht fair miteinander umgehen, dann erodiert die Demokratie“. Insofern sei das einseitig bewertende „Fakten Checking“, so wie es bisher betrieben werde, auch wirklich nicht angemessen und die diesbezüglich  Kritik von Vance nachvollziehbar. Wer entscheide denn, was wahr ist? Sinnvolles Fakten Checking müsse den Status neutral darstellen „statt einseitig abzuurteilen“. Und: „Social Media spielt eine Rolle, ist aber nicht konstitutiv, Diffamierung gab es immer schon.“ Und da die „kulturellen Grundlagen der Demokratie sich in Gesellschaften lange entwickeln müssen“, sei es von der westlichen Politik seit 1990 auch naiv gewesen zu meinen, man müsse „Diktatoren“ nur „stürzen“ und dann würden „alle Gesellschaften so wie wir“ und der „American Way of Life“ würde sich durchsetzen. Entsprechende Versuche das so zu tun habe es oft gegeben, z.B. in Afghanistan, Irak und Ägypten, und „jedes Mal lag der Westen falsch“. In demokratischen Wahlen seien dann oft „Fanatiker“ an die Macht gekommen, die mit echter Demokratie nichts zu tun gehabt hätten. Ein „Demokratieexport kann nicht gelingen“, denn dieser sei an eine bestimmte „Zivilkultur“ gebunden. „Je länger wir an diesem Traum hängen, desto gefährlicher wird es.“ „Trump hat richtig verstanden, dass die starke Rolle der USA nur aufrechterhalten werden kann“, wenn er sich auf die reale Situation einstelle. Diesen Prozess, die Realitäten anzuerkennen, müsse Europa schnellstmöglich durchlaufen und „sich auf seine Stärken besinnen“ und diese auch weiter stärken. Es habe viel „ökonomisches, technisches und wissenschaftliches Potenzial“, aber leider habe die Politik auch in Deutschland zu lange selbstgefällig agiert: „Die Politik ist sehr leichtfertig mit den Früchten der Agenda 2010 umgegangen“. Die wirtschaftliche Situation spiele bei der zukünftigen Handlungsfreiheit Europas eine entscheidende Rolle. Die Politik solle sie „nicht durch fehlende Technologieoffenheit beschränken“, sondern Ziele und einen Ordnungsrahmen vorgeben, in dem die Wirtschaft agieren könne. Die Vorstellung, dass die Politik sinnvoll vorgeben könne, in welche Technologie Unternehmen investieren sollten, sei falsch, da sich die technologische Entwicklung zu schnell vollziehe. Leider „haben wir eine Tendenz zur Überregulierung, sowohl wirtschaftlich als auch zivilgesellschaftlich“, und uns anzumaßen, „andere missionieren“ zu wollen. Das sei „alleine schon aus der Geschichte des europäischen Kolonialismus heraus falsch.“ In vielen Fällen sei „Fundamentalismus eine Gegenreaktion auf westliche Missionierung, das Unterdrückte wehrt sich“. Deshalb rät er Politik und Gesellschaft „unbedingt ideologisch abzurüsten“. Denn „moralische Entrüstung zerstört Kooperation, die wir eigentlich haben wollen.“

Die Ausführungen von Julian Nida-Rümelin sorgten für eine intensive Diskussion mit den geladenen Unternehmerinnen im Anschluss an seinen Vortrag und einen Austausch bis in den späten Abend. Ein echtes Highlight in der an Highlights reichen Geschichte des Clubs!

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