Podiumsteilnehmerinnen: Alexandra v. Rehlingen SVR PR, Prof. Yu Zhang China Communications, Britta Sandberg DER SPIEGEL, Dr. Cinderella von Dungern GIZ

Eine illustre Runde hatte sich auf Einladung von Präsidentin und Initiatorin des Club europäischer Unternehmerinnen e.V. (CeU), Kristina Tröger, im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten versammelt, um einen der Megatrends unserer Zeit zu diskutieren: Der wirtschaftliche und weltpolitische Aufstieg Chinas und die Folgen für westliche Politik und Unternehmen stand im Mittelpunkt des 2. CeU Länder-Themenabends „Chinas Aufstieg: Schock oder Chance?“.

Das Podium setzte sich aus chinaerfahrenen Vertretern verschiedener Bereiche zusammen. So führte Dr. Frank Stieler, CEO der KraussMaffei Group GmbH, und damit Chef eines traditionsreichen Herstellers von Kunststoffmaschinen, mit dem Vortrag „Die China insight-story: Bilanz einer der größten chinesischen Übernahmen in Deutschland“ thematisch in den Abend ein. Er berichtete von seinen Erfahrungen aus der Übernahme des 130jährigen Unternehmens durch den größten Chemiekonzern Chinas ChemChina, welche die größte Direktinvestition einer chinesischen Firma in ein deutsches Unternehmen darstellt. Dabei zeigte sich Dr. Stieler begeistert von der Zusammenarbeit mit den neuen chinesischen Eigentümern. Insbesondere im Vergleich mit seinen früheren Erfahrungen mit westlichen Eignern könne er sagen, dass „nirgendwo eine derart vertrauensvolle Zusammenarbeit stattgefunden“ habe wie jetzt. Als dafür entscheidend sieht er die gegenseitige Bereitschaft, seinem Gegenüber bei Handlungsweisen, die man nicht versteht, nicht per se eine böse Absicht zu unterstellen. Beide Seiten setzen zunächst einmal ein kulturelles Unverständnis voraus, das sich durch Kommunikation überwinden ließe. Entsprechend habe er als Unternehmenslenker auch nicht den Eindruck, übernommen worden zu sein, sondern dass die Chinesen einfach an der Schaffenskraft seines Unternehmens partizipieren wollen. Dr. Stieler erläuterte, dass China traditionell keine Industriekultur hat, und deshalb an der diesbzgl. Tradition und Erfahrung teilhaben möchte. So erkennen die Chinesen seines Erachtens beispielsweise, dass sie noch nicht die Fähigkeit haben, Standorte so zu optimieren wie westliche Unternehmen. Dies ist etwas, das sie von Übernahmen lernen wollen, um international auf hohem Niveau zu konkurrieren. Dr. Stieler beobachtet grundsätzlich einen Realismus in China über die Position, in der das Land ist, und die Rolle, die es spielt, wie er das von deutschen Politikern nicht kennt. Und das verbindet sich mit einem wichtigen Schlüssel zum Erfolg der Chinesen: Agilität im Sinne von der Bereitschaft, in Zeiten der Unsicherheit und des Wandels entschlossen zu handeln. Entsprechend hält er es für entscheidend, dass die Deutschen und Europäer eine klare eigene Position und Strategie zum Umgang mit der chinesischen Herausforderung definieren und diese dann auch umsetzen, statt sich einfach nur beispielsweise über chinesische Übernahmeangebote für deutsche Firmen zu ärgern.

Die Forderung an die Politik, sich der Herausforderung durch China wirklich bewusst zu werden und proaktiv eine eigene Strategie zu entwickeln, teilte er mit einem Großteil des Podiums. So verwies Britta Sandberg, Leiterin des Auslandsressorts beim Spiegel, darauf, dass sie sich Sorgen darüber macht, wie falsch der Westen in der Vergangenheit China eingeschätzt habe. Die gängige Meinung war, dass, wenn China reicher wird, sich das Land dem Westen annähern wird. Heute sei „das Gegenteil der Fall“ : China sei ein „autoritärer, repressiver Staat“ mit einem „de facto Diktator“ an der Spitze. Es werde Zeit, dass Europa heraus kommt aus dem Abwehrmechanismus und lieber eine eigene Strategie findet: „Und die kann nur heißen, wir müssen besser und schneller sein.“ Alexandra von Rehlingen, bekannte Chefin einer der renommiertesten PR-Agenturen „Schoeller & von Rehlingen PR“ hält eine Strategie, „schneller“ zu sein als China für „einen sehr sportlichen Ansatz.“ Sie hat selbst Sinologie studiert, bereist das Land regelmäßig seit 1983 und hat die atemberaubende Entwicklung Chinas nah mitverfolgt. Ihres Erachtens „wollen die Chinesen die Weltherrschaft“ auf jedem Gebiet haben, und sind „intelligent genug, das nicht in den Vordergrund zu kehren“. Professorin Yu Zhang, Gründerin und Geschäftsführerin der China Communications Holding, einer Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft, bestätigt, dass sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung ein neues Selbstbewusstsein gespeist habe. Viele chinesische Unternehmen, die heute nach Deutschland kommen, „wollen einen partnerschaftlichen Austausch“. Früher hätten sie sich bei den deutschen Unternehmen dafür bedankt, dass „sie von ihnen lernen durften“. Da habe sehr wohl ein „subtiler Wandel“  stattgefunden. Es sei auch wichtig, zu verstehen, dass die Chinesen für sich „Demokratie anders definieren“ als die Deutschen. Da sei es wenig hilfreich, „mit dem Zeigefinder bzgl. der eigenen Werte auf China zu zeigen“. Eine „Dialogkultur“ sei da zielführender. Dr. Cinderella von Dungern, China Coordinator EMSD, ein globales Nachhaltigkeitsprogramm der GIZ, bestätigte aus ihren Gesprächen mit ihren chinesischen Partnern und Kollegen, dass diese oftmals eine andere Sicht auf für den Westen wichtige Themen wie Demokratie hätten. Stabilität und gute wirtschaftliche Entwicklung des Landes seien häufig primäre Interessen. Grundsätzlich stellt sie in ihren Alltagsbeobachtungen fest, dass „China dazu herausfordert, sich zu fragen, ob man wirklich alles richtig sieht“.

 

Die von Kristina Tröger geführte Podiumsdiskussion wurde engagiert und kompetent geführt, und beleuchtete viele Facetten von der Handels- und Industriepolitik Chinas, über die gesellschaftspolitische Lage, das Verhältnis Chinas zum Westen, und die notwendige Reaktion Europas auf die bevorstehenden Herausforderungen. Es wurde deutlich, dass sich immer noch viele in der westlichen Politik und Gesellschaft nicht wirklich darüber im Klaren sind, wie umfassend und tiefgreifend die Vorgänge in China auf die zukünftige Entwicklung des Westens einwirken werden. Statt aktiv zu werden und entschlossen eigene proaktive Strategien zu entwickeln, lässt sich Europa in der Frage auseinanderdirigieren und verliert sich in einer Mischung aus Klagen über die chinesischen Vorstöße und Fatalismus. Angeregt vom dem Gehörten, diskutierten die 100 geladenen Unternehmerinnen und Gäste in dem schönen Ambiente des Hotels Vier Jahreszeiten das Thema noch bis in die späten Abendstunden miteinander.

©2024 CeU – Club europäischer Unternehmerinnen

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